Nun, was soll man sagen?? Erneut war die Ausgangssituation für die Mannschaft von Axel Spandau denkbar schlecht. Das Corona-Virus streckte mit Matze Schwalbe und Leon Bremond gleich zwei ganz erfahrene Spieler nieder, Flügelflitzer Tizian Weimar hat das pfeiffersche Drüsenfieber erwischt und Ole Klimpke läuft in der Bundesliga auf. Axel Spandau, mittlerweile Meister der Improvisation, nominierte mit Ben Lubbadeh, Leonard Rettemeier und Phil Spandau gleich 3 A-Jugendliche ins Team. Zudem trug erstmals Neuzugang Milan Bargon das HSG-Trikot. Milan war im Sommer vom Oberligisten TV Nieder-Olm an die Lahn gewechselt und verstärkt den Mittelblock der Grün-Weißen.
Ganz anders die Gäste: der Tabellenführer reiste in Bestbesetzung und breiter Brust an. Völlig zu Recht, denn lediglich ein Verlustpunkt (Unentschieden gegen Longerich) trübt die ansonsten makellose Bilanz der Siegerländer. Und mit diesem Selbstbewusstsein gab Ferndorf – unterstützt von einer großen Fan-Gruppe – in der Dutenhofener Sporthalle von Anfang an Vollgas. Dreh- und Angelpunkt im Ferndorfer Spiel war erneut Janko Kevic. Der 37jährige Kroate steuerte die Aktionen, bedachte seine Mitspieler mit tollen Anspielen und sorgte selbst für Torgefahr. Kevic brachte seine Farben dann auch mit 1:0 in Führung.
Sein Pendant auf Seiten der HSG hieß Lukas Gümbel. „Luki“ war für die Auslöseaktionen der Gastgeber verantwortlich und musste auch selbst – eingedenk der personellen Situation – den Weg zum Tor suchen. Das gelang dem Blondschopf recht gut und die ersten beiden Treffer der HSG gingen auf sein Konto.
Ein erneut gut aufgelegter Marius Göbner, der in Halbzeit 1 das Tor der Gastgeber hütete, leitete mit einem Zuckerpass auf Marvin Lindenstruth den 3:3-Ausgleich in der 6. Minute ein. In der Folge waren aber die Gäste die spielbestimmende Mannschaft und zogen bis zur 13. Minute auf 8:4 davon. Die HSG hatte in dieser Phase im Angriff zu viele Chancen nicht genutzt, während Ferndorf mit schnellem und punktgenauen Spiel immer wieder über den Kreis zum Torerfolg kam. Grund genug für Axel Spandau seine Mannen in einer Auszeit wieder auf Linie zu bringen. Das gelang, auch weil die grün-weißen Angriffe nun wieder mit mehr Entschlossenheit vorgetragen wurden. Leon Boczkowski und Phil Spandau verkürzten auf 6:8. „Botschi“ und Phil blieben bis zur Halbzeitpause die Lebensversicherung der HSG. Mit seinen ansatzlosen und oft unorthodox wirkenden Würfen überraschte Leon ein ums andere Mal die Ferndorfer Abwehr und Phil Spandau traf sowohl vom 7m-Punkt als auch von Linksaußen. Mit dem 13:14 zwei Minuten vor der Halbzeit hatten sich die Gastgeber wieder an Ferndorf herangepirscht, mussten dann aber wieder zwei schnelle Gegentreffer hinnehmen. Mit der Schlusssirene erzielte Colin Simon den 14:16-Halbzeitstand.
Nicht alle Fans hatten einen solchen knappen Zwischenstand erwartet und mit Spannung ging es in die nächsten 30 Minuten.
Die HSG kam mit viel Schwung aus der Kabine und erneut war es Colin Simon der nach dem Seitenwechsel den 15:16-Anschlusstreffer besorgte. Mit dem 16:16 durch Noel Hoepfner gelang den Spandau-Schützlingen der umjubelte Ausgleich (33. Minute). Ferndorf ging zwar bis zur 37. Minute erneut mit 2 Toren in Führung, doch die HSG hielt stets dagegen. Nachdem Phil Spandau binnen 70 Sekunden sowohl vom 7m-Punkt, als auch von der Außenposition einnetzte, war der erneute Ausgleich (19:19) hergestellt und die HSG hatte die Chance, erstmals in Führung zu gehen. Leider ging der Ball in diesem Angriff verloren und die Gäste konnten zum Gegenstoß ansetzen. Lukas Gümbel nahm das Laufduell mit dem Ferndorfer Spieler an und beide Akteure kamen zu Fall. Nach kurzer Beratung zeigten die beiden Unparteiischen dem Dutenhofener Spielmacher glatt rot – eine sehr harte und absolut diskussionswürdige Entscheidung. Für Luki, der sicherlich ein äußerst unangenehmer, aber stets fairer Spieler ist, war dies ein Novum: die erste rote Karte in seiner über 20jährigen Handball-Laufbahn!
Nachdem Tim Lauer nur kurze Zeit später für 2 Min. auf die Bank geschickt wurde, stemmten sich die Grün-Weißen in doppelter Unterzahl gegen den Ferndorfer Angriffswirbel. Zwar gingen die Gäste erneut in Führung, aber Leon Boczkowski fand immer wieder Lücken (wo eigentlich keine waren) und hielt seine Farben bis 10 Minuten vor dem Abpfiff in Schlagdistanz (23:25, 50. Minute). Dann aber merkte man den HSG-Akteuren den extremen Kräfteverschleiß spürbar an. Bis zur 58. Minute konnte Ferndorf seinen Vorsprung auf 6 Tore ausbauen und doch gab die junge Spandau-Truppe nicht auf. Kapitän Marvin Lindenstruth setzte mit dem 26:31 den Schlusspunkt einer sehenswerten Partie.
Auch wenn in der Bibel das Ergebnis letztlich ein anderes war, hat sich der David HSG trotz der Niederlage gegen den Goliath Ferndorf bestens geschlagen. Dabei sind Moral und Einsatzwille der Spieler besonders hervorzuheben. Positiv ist auch, dass Simon Böhne nach längerer Verletzungszeit wieder in die Mannschaft zurückgekehrt ist und zusammen mit Marius Göbner ein tolles Torhütergespann bildet.
Aus Ferndorfer Sicht war dies ein perfektes Handballwochenende. Der größte Konkurrent der Siegerländer, die HSG Krefeld-Niederrhein, hat erneut einen Punkt liegen gelassen, so dass der Vorsprung auf nunmehr 3 Punkte angewachsen ist.
Torstatistik:
Leon Boszkowski (8), Phil Spandau (7/2), Colin Simon (5), Lukas Gümbel (3), Marvin Lindenstruth (2), Noel Hoepfner (1)
26.11.2023