Es bleibt dabei: Fans mit Herzerkrankungen sollten die Spiele unserer U23 besser nicht besuchen - sie sind einfach viel zu aufregend und dramatisch. Der Vorstand überlegt, ob zukünftig entsprechende Warnhinweise auf die Eintrittskarten gedruckt werden sollen.
Nicht anders war es beim Spiel gegen den letztjährigen Meister in der Südwest-Staffel und Teilnehmer an der Aufstiegsrunde zur zweiten Bundesliga, der HSG Hanau.
Die Rollen waren in der Begegnung klar verteilt: die Kinzigtaler möchten erneut in Sachen Meisterschaft ein Wörtchen mitreden, während das erklärte Ziel der Mittelhessen der Klassenerhalt ist. Mit einem Durchschnittsalter von 23,6 Jahren zählt das Hanauer Team, ähnlich wie das der heimischen HSG (gut 22 Jahre), zu den jüngeren Mannschaften der Liga, ist aber körperlich deutlich robuster als die schmalen Spandau-Buben.
Dennoch gehörten die ersten Spielminuten klar den Gastgebern: Kapitän Marvin Lindenstruth markierte nach feinem Anspiel von Ole Klimpke die 1:0-Führung für seine Farben und durch weitere Treffer von Ole Klimke und Leon Bremond stand es 4 Minuten 3:1 für die Hausherren. Bemerkenswert schon in dieser frühen Phase war die Leidenschaft und der Einsatzwille der Grün-Weißen. Die Abwehr stand kompakt und ging beherzt und konzentriert zur Sache.
Hanau brauchte etwas Anlaufzeit, kam dann aber besser in die Partie, nutzte eine Überzahl und nach 2 7m-Treffern von Max Bergold stand das 5:3 für die Gäste zu Buche. Die Mittelhessen ließen sich davon nur mäßig beeindrucken und hielten dagegen. Axel Spandau brachte nun Lukas Gümbel, der nach seiner Verletzung erstmals wieder vor heimischen Publikum spielen durfte, auf die Platte. Und Luki machte das, wofür er bekannt ist: er sucht den Durchbruch, wird gefoult, zieht die 2-Minuten-Zeitstrafe und erhält einen 7m, den Leon Bremond eiskalt verwandelte. Leon sorgte dann kurze Zeit später für den 7:7 Ausgleich (17. Minute) und ab diesem Zeitpunkt ging das Spiel hin und her. Keiner Mannschaft gelang es, sich nennenswert abzusetzen und die knappen Führungen wurden postwendend wieder von beiden Teams egalisiert.
13:13 hieß es folgerichtig zur Halbzeit. In der Pause orakelten erste Fans bereits die Vermutung, dass ein 27:27-Endstand - es wäre das 3. Ergebnis in Folge - durchaus im Bereich des Möglichen liegen könnte.
Aber noch waren 30 Minuten zu spielen und der Gegner wäre mit Sicherheit NICHT mit einem Unentschieden zufrieden. Also, abwarten, wie es in Halbzeit 2 weitergeht.
Die Spandau-Buben kamen erneut mit viel Schwung aus der Kabine und hielten die Konzentration weiter hoch. Ein Spieler indes, schien in der Pause seine Batterien ganz besonders voll geladen zu haben. Tizian Weimer, der in der letzten Saison noch für die A-Jugend auflief, kam immmer besser auf Touren und besorgte über Rechts-Außen oder im Tempo-Gegenstoß Tor um Tor für die Grün-Weißen. "Tizi" war am Ende des Tages mit 9 - teilweise akrobatischen - Treffern erfolgreichster Werfer der HSG.
So war auch die zweite Halbzeit über weite Strecken eine Blaupause zum ersten Durchgang. Hanau hatte bis Mitte der zweiten 30 Minuten leichte Vorteile. Der Vorsprung der Gäste war aber nie höher als 1-2 Tore. In der 45. Minute hatte Marvin Lindenstruth mit dem 20:20 erneut den Ausgleich hergestellt und danach wechselte die Führung permanent.
Obgleich die Partie umkämpft war, hatten die beiden Unparteiischen (Schiedsrichter-Gespann Abel-Herpolsheimer) keine Probleme mit der Spielleitung. Unaufgeregt, unauffällig, aber sehr konsequent, begleiteten die Referees über 60 Minuten souverän das Match.
Mit dem 25:24 durch Marvin Lindenstruth nach Non-Look-Pass durch Lukas Gümbel ging es in die Chrunch-Time der Begegnung. Es war ein schnelles und intensiv geführtes Spiel in einer kuschelig-warmen Sporthalle Dutenhofen. Würde am Ende die Erfahrung und die körperliche Überlegenheit der Gäste den Ausschlag geben?
Alles sprach dafür, als Hanau 38 Sekunden vor dem Abpfiff das 27:25 erzielte.
Doch das Spiel heißt Handball und im Handball ist alles möglich - wenn man daran glaubt!
Bei einer Restspielzeit von 29 Sekunden gelingt Ole Klimpke der Anschlusstreffer zum 26:27 und die Halle steht Kopf! Dennoch glauben wohl die Wenigsten, dass sich der Vorjahres-Meister hier noch die Butter vom Brot nehmen lässt. Aber, das Unglaubliche passiert: Hanau verliert den Ball und über 3-4 Pässe gelangt das Spielgerät nocheinmal auf Rechtsaußen. Dort steht - natürlich - Tizian Weimer und einen Wimpernschlag vor dem Spielende versenkt Tizi den Ball im gegnerischen Gehäuse, bevor er unter einer Jubeltraube seiner Mitspieler verschwindet.
Was für ein Spiel, was für eine Dramatik, was für eine Leidenschaft! Es ist das 3. Remis der Saison, es ist das 3. 27:27 in Folge und es ist das 3. Spiel gegen einen favorisierten Gegner.
Das war beste Werbung für den Handballsport in der Region und vor zahlreich anwesenden Sponsoren auch beste Werbung für die Mannschaft.
Torstatistik:
Tizian Weimer (9), Leon Bremond (6/2), Marvin Lindenstruth (4), Noel Hoepfner und Ole Klimpke (je 2), Tim Lauer, Leon Boszkowski, Matze Schwalbe und Lukas Gümbel (je 1)
17.09.2023