Horst Theiß †Wenn die Schiedsrichter abgepfiffen hatten, die Garagentore hochgeklappt wurden, die Fässchen angesteckt, die Bierzeltgarnituren aufgestellt und die legendären und in Deutschland einmaligen Presskopf-, Leberwurst- und Mettwurst-Stullen geschmiert waren, dann war Horst Theiß in seinem Element. Hier ein Plausch, da eine Umarmung. Hier ein Prosit, da ein herzhafter Biss ins Brot: Die Sporthalle Dutenhofen war seine zweite Heimat und sein Wohnzimmer, der Handball sein Lebenselixier. Seit Mitte der 80er Jahre, als sein Turn- und Sportverein aus der Regionalliga in die 2. Bundesliga aufstieg, saß er als Mannschaftsbetreuer auf der Bank. Und kümmerte sich um vieles, einige sagen: um alles! Um Handtücher und Trikots, die er wusch. Um Getränke und das Essen auf den langen Busfahrten quer durch die Republik. Um die Hotelübernachtungen. Um alle Utensilien, die einem Coach die Übungsstunden erleichtern. Um die Statistiken während der Partien, die den Trainern auch heute noch eine wichtige Hilfestellung sind, um taktisch reagieren zu können. Um die Schiedsrichter, die er betreute und die ihm oft zu Freunden wurden. Und um die Presse, für die er stets ein zuverlässiger, pünkticher Informant war.Denn Horst Theiß fehlte nie, wenn die Grün-Weißen aufliefen. Egal ob in Flensburg, Coburg, Magdeburg oder Günzburg. Egal, wie groß die Aufgabe, wie klein der Gegner, wie bedeutend (oder unbedeutend) die Ereignisse auch waren. Auch am Abend jenes 15. Februar 1997 rief mich Horst Theiß in unserer Sportredaktion an. Tränenüberströmt. Mit bebender Stimme. Unfähig, seine Gedanken zu ordnen. "Du musst etwas unternehmen", bettelte er mich an, "das Spiel ist Nebensache ..." Rainer Dotzauer, damals Trainer, war beim Match in Solingen mit einer Hirnblutung ins Krankenhaus gekommen. Für Horst Theiß brach eine Welt, seine Welt, zusammen, denn der damals 49-Jährige Dutenhofener Macher war nicht nur sein Freund, er war sein Ziehvater, sein Mentor, sein Unterstützer - auch in der Not.Theiß blieb auf der Bank, Dotzauer wechselte in die Geschäftsstelle. Tief verbunden blieben die Männer bis vergangenen Montag, an dem der gebürtige Atzbacher, der schon lange schwer krank und von der Bildfläche verschwunden war, im Alter von nur 63 Jahren starb.Die gute Seele des Vereins, auf der einen Seite in der lokalen, aber auch in der bundesdeutschen Handballszene anerkannt und beliebt, privat jedoch alleine und mit vielem überfordert, hatte es nie verwunden, irgendwann 2010 und schon lange nach dem Umzug in die Rittal-Arena bei der HSG nicht mehr gebraucht zu werden. Bei den Dutenhofener Frauen, die gerade in Liga drei aufgestiegen waren, half er noch ein wenig mit, seine Gesundheit jedoch zwang ihn auch dort zum Rückzug. In die Sporthalle Dutenhofen, in seine zweite Heimat, in sein Wohnzimmer, ging er schon lange nicht mehr. Der Handball diente ihm nicht mehr als Lebenselixier. Horst Theiß hatte keine Kraft mehr.